Das „historische“ Herz Jesu-Bild im Dom zu Bozen von Johann Joseph Karl Henrici (um 1770)
Die lat. Worte im Silberrahmen lauten:

„PRAEBE FILI MI COR TUUM MIHI“ – „Gib mir dein Herz, mein Sohn“ - Buch der Sprüche

In großer Kriegsnot schlossen unsere Väter einen hl. Bund mit dem Heiligsten Herzen Jesu – auf ewige Zeiten – und bekräftigten diesen erstmals und feierlich vor diesem ehrwürdigen Bild in der Pfarrkirche zu Bozen am 3. Juni 1796.

Geschichtlicher Rückblick

Bereits im frühen Christentum pflanzten heilige Missionare und Bischöfe den christlichen Glauben in die Herzen der damaligen Bewohner des “Landes im Gebirge” ein. Die Frömmigkeit der Verehrung des Heiligsten Herzens wurde grundgelegt durch große Heilige und Mystiker des christlichen Altertums, des Mittelalters und der Neuzeit, insbesondere durch die heilige Margareta Maria Alacoque (+1690).

Ausschlaggebend für die Innigkeit der Verehrung des Heiligsten Herzens Jesu in den tirolischen Landen waren jedoch die Predigten und Unterweisungen des Jesuitenordens. Durch den im Jahre 1719 durch den Brixner Fürstbischof Kaspar Ignaz von Künigl, den Haller Salinendirektor Johann Fenner von Fennberg sowie der kaiserliche Regierung gestifteten Fond für die Durchführung von Volksmissionen, begann der Jesuitenorden in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts auch die Verehrung des Herzens Jesu zu verbreiten.

So heißt es im Jahresbericht von 1769, als die Ordensmänner den Vinschgau und das Paznauntal missionierten: “Am meisten zur Erweichung der Herzen hat die Andacht zum göttlichen Herzen Jesu beigetragen, die wir überall zu verbreiten uns Mühe gaben. Durch diese Andacht werden die größten Schwierigkeiten im Beichtstuhle gelöst und empfangen die Versuchten die Kraft, die Gefallenen Hilfe und alle den sichersten Schutz.”

Was nun geschah, war ein religiöser Aufbruch ohnegleichen - einmalig in der Geschichte des Landes! So wird berichtet: “Unzählige Menschen bekehrten sich und legten Lebensbeichten ab, das ganze Volk strömte zu den Sakramenten und beteiligte sich an den heiligen Übungen.” Herz-Jesu-Bruderschaften und Kongregationen wurden gegründet und das tägliche Rosenkranzgebet wieder gepflegt. Herrliche Gemälde, Skulpturen, Altäre und Kapellen entstanden. Im Herrgottswinkel der Bauernstuben thronte das Heiligste Herz, auf Tischdecken, Hausfassaden, auf Votiv- und Andachtsbildchen war es im ganzen Lande anzutreffen. Den Ehrentitel als “Heiliges Land Tirol” trug es für die damalige Zeit wahrlich mit Recht.

Nun wirkte als Kurat in Wildermieming, einem kleinen Ortsflecken im Oberinntal ein im Rufe der Heiligkeit stehender Priester namens Johann Anton Paufler (+1798). Dieser Mann war ein glühender Verehrer des Heiligsten Herzens Jesu und er erwirkte für das ganze Dekanat Flaurling (heute Telfs) mit Gutheißung des bischöflichen Ordinariats von Brixen die Einführung des Herz-Jesu-Festes (schon im Jahre 1794 schien dieses Fest im Kalender der Diözese Brixen auf). Er war es auch, der dem damaligen Abt von Stams, Sebastian Stöckl (+1819), welcher als offizieller Vertreter des Prälatenstandes im Tiroler Landtag war, den entscheidenden Vorschlag eines Verlöbnisses Tirols mit dem Heiligsten Herzen Jesu unterbreitete. Aus diesem Grunde ist er als der eigentliche geistige Vater desselben zu betrachten.

Im Mai 1796 drangen Napoleons Truppen in die Lombardei ein und bedrohten damit unmittelbar auch das Land Tirol. In dieser verzweifelten Lage berief Tirols Landeshauptmann Paris Graf von Wolkenstein Rodenegg für den 30. Mai den engeren Ausschuss der Tiroler Landstände - als eine “Schutzdeputation” - auf seinen Ansitz zu Bozen dem heutigen Palais Toggenburg. Dieser Kongress sollte fünf Tage dauern und als einzigen Tagungspunkt die Verteidigung des Landes beinhalten. Nach eingehenden tagelangen Beratungen sah die hohe Versammlung, dass Tirol für einen Widerstand gegen Napoleon nicht gerüstet war. - Es war der frühe Nachmittag des Mittwoch, dem 1. Juni 1796.

Das Herz-Jesu-Bild wurde eigens aus der Pfarrkirche in den Sitzungsraum gebracht und dort aufgestellt. Was nun folgte, gehört unzweifelhaft zu den erhabensten Augenblicken in der so wechselvollen Geschichte des Landes. - Prälat Sebastian Stöckl erhob sich von seinem Sitze. Er unterbreitete dem hohen Kongress zur Abstimmung den Vorschlag eines Verlöbnisses, fortan in jeder Gemeinde des ganzen Landes das Fest des Heiligsten Herzens Jesu mit feierlichem Gottesdienste zu begehen - auf ewige Zeiten - und dieses Gelöbnis schon am kommenden 3. Juni (Freitag nach Fronleichnamsoktav) mit vorausgehender Belehrung des Volkes (Herz-Jesu-Predigt) in der hiesigen Bozner Pfarrkirche abzuhalten. Dieser Vorschlag wurde von allen Vertretern des Landes einstimmig und “einmütig” angenommen und gelobt.

Am Freitag - es war der 3. Juni - wurde sodann in der Pfarrkirche zu Bozen in Gegenwart des ganzen Kongress-Ausschusses und des Volkes vor dem “historischen” Herz-Jesu-Bilde erstmals das gelobte Fest feierlich begangen. Dabei hielt Prälat Stöckl das Pontifikalamt.

Da es sich bei der Erfüllung dieses Gelübdes auch um die Einführung eines neuen Feiertages handelte, musste um kaiserliche Erlaubnis angesucht werden, der mit “Hofdirektorial-Dekret” vom 21. Juli 1796 stattgegeben wurde. Nachdem sich der Tiroler Landtag und die Fürstbischöfe von Brixen und Trient darüber geeinigt hatten, beschlossen sie, das Fest fortan am zweiten Sonntag nach Fronleichnam zu begehen. Am 23. November des gleichen Jahres erklärte sich auch Papst Pius VI. (+1799) damit einverstanden und gab dazu seinen Segen. So blieb es bis zum heutigen Tage.

(Rudolf Melzer, Fiecht)